Konzert: Laetetur cor quaerentium dominum

161023-laetatur-cor23. Oktober, 18 Uhr, St. Johannes Oberasbach

„Laetetur cor quaerentium Dominum“

Konzert für Vokalquartett, Gregorianik-Schola, Querflöte und Orgel

Mitwirkende

Gregorianik-Schola unter der Leitung von Carl-Hagen Berberich: Martin Schleiss, Wolfram Hirt, Florian Vetter, Thomas Reuter

Cappella à 4 voci und der Leitung von Ingeborg Schilffarth, Fürth: Barbara Heß, Sopran; Ingeborg Schilffarth, Alt; Florian Maier, Tenor; Manuel Krauß, Bass

Querflöte: Gundel Huschka, Oberasbach

Orgel: Frank Dillmann, Frauenkirche Nürnberg

Zum Konzert

Gottesdienst ohne Kirchenmusik macht wenig Sinn: schon sehr früh haben die Menschen das Bedürfnis entwickelt, Gott mit Musik zu danken und zu loben. Dokumentiert findet sich das im Alten Testament in den Psalmen und den Geschichten um König David. Die frühe Kirchenmusik war über Jahrhunderte nur als einstimmiger, nicht-metrischer Gesang zulässig. Aber langsam, etwa ab dem 12. Jahrhundert, entwickelte sich über verschiedene Zwischenstufen hinweg langsam eine frühe Mehrstimmigkeit: zunächst nur als improvisierende, reich ausschmückende Stimme über dem eigentlichen Choral („Motette“), dann aber zunehmend in Notenschrift ausgearbeitete, auskomponierte Mehrstimmigkeit. Der Italiener Claudio Monteverdi (1567-1643) gehört mit zu den ersten Tonsetzern der frühen mehrstimmigen Kirchenmusik.

Ordinarium: missa da cappella à quattro voci

Zentrum des vorliegenden Konzerts ist die – besser gesagt: eine – „Missa a quattro voci da cappella“ von Claudio Monteverdi, die er in den 1640er Jahren komponiert hat. Monteverdi lebte zu einer Zeit, als die Kirchenmusik langsam beginnen konnte, sich vom einstimmigen, deklamatorischen gregorianischen Choral zu lösen und ein wenig eigenständiger werden konnte. Monteverdi komponierte sowohl im „alten“, strengen Stil als auch in dem neuen, in dem die verschiedenen Stimmen miteinander spielen, aufeinander Bezug nehmen und sich gegenseitig die Bälle zuwerfen. In der vorliegenden Messe hören wir teilweiser noch Anklänge an die Gregorianik: das Kyrie beginnt in den ersten Tönen im Tenor noch sehr traditionell, aber der Sopran nimmt kurz darauf das fast gergorianisch anmutende Kyrie-Melisma auf – und schon sind wir in einer ganz neuen musikalischen Welt, die der  horizontalen Melodie noch eine verpflichtende, vertikale Harmonie zugesellt.

Proprium: Gregorianischer Choral zum 30. Sonntag im Jahreskreis

Der Monteverdischen Polyphonie („Mehrstimmigkeit“) setzen wir den freischwebenden, einstimmigen Gregorianischen Choral entgegen. Jahrhundertelang haben Mönche und Nonnen in dieser Form des Singens ihrem Gott gehuldigt. Noten waren dafür nicht nötig – man kannte Duktus und Melodie und gab diese Traditionen weiter. Einzig ein paar kleine „Neumen“ über den lateinischen Texten gaben dem Cantor „Hinweise“ über die Fortführung der Melodie. Die quadratische Notenschrift, aus der die Schola heute singt, geht auf Guido von Arezzo zurück, der im 11. Jahrhundert versucht hat, den Choral mit einer 4-zeiligen Notenschrift so zu systematisieren, dass er auch ohne Lehrmeister von Kloster zu Kloster weitergegeben werden konnte.

Alle Proprien – also die Teile der lateinischen Messe, die sich von Sonntag zu Sonntag unterscheiden – hören Sie in dieser Form. Der Introitus „Laetetur cor quaerentium dominum“, der dem heutigen 30. Sonntag im Jahreskreis vorangeht und dem Konzert seinen Titel gab, stammt aus Psalm 105.

Lesungen: Orgel- und Querflötenmusik

Die Lesungsteile der Messe ersetzen wir durch Instrumentalmusik, deren ältester Vertreter Georg Muffat drei Generationen jünger ist als Claudio Monteverdi – für uns aber immer noch einer der „alten Meister“ vor Bach. Die übrigen Komponisten entstammen der Neuzeit; ihre Kirchenmusik hält sich längst nicht mehr an die Messtexte, sondern etabliert selbstbewusst eigenständiges Gotteslob. Ein bemerkenswertes Juwel ist sicherlich die 1936 komponierte Solo-Sonate für Querflöte von Jacques Ibèrt, die uns mit ihrer fantasievollen, freischwingende Metrik und den ausladenden Melodiebögen schon fast wieder in die Gregorianik schickt. Oder die Gregorianik in die Neuzeit holt – je nach Blickrichtung.

Konzert: Laetetur cor quaerentium dominum