Missbrauch: Papst bittet um Vergebung

In den letzten Wochen und Monaten sind erneut Missbrauchsvergehen an die Öffentlichkeit gekommen: Priester haben sich anscheinend über Jahrzehnte an Schutzbefohlenen vergangen. Und leider nicht nur das: auch sind die Taten in den kirchlichen Hierarchien solange wie möglich vertuscht worden.

Der Papst hat nun in einem Schreiben an die gesamte Christenheit seine tiefe Beschämung eingestanden und für die Kirche um Vergebung gebeten.

Der Adressat des Briefes ist interessant: er geht an die gesamte Christenheit. Der Papst mahnt damit eine bisher noch nicht formulierte Transparenz an: jeder Christ ist Teil des Volkes Gottes, niemand ist aufgrund seiner Stellung „näher an Gott“ als andere. Die Akte des Missbrauchs hätten nur stattfinden können, weil Kleriker sich hochmütige Macht über ihre Schutzbefohlenen angemaßt hätten.

Wörtlich prangert der Papst diesen „Klerikalismus“ mit folgenden Worten an:

„Jedes Mal, wenn wir [= die Kirchenleitung] versucht haben, das Volk Gottes auszustechen, zum Schweigen zu bringen, zu übergehen oder auf kleine Eliten zu reduzieren, haben wir Gemeinschaften, Programme, theologische Entscheidungen, Spiritualitäten und Strukturen ohne Wurzeln, ohne Gedächtnis, ohne Gesicht, ohne Körper und letztendlich ohne Leben geschaffen„.

Klerikalismus sei

„jene Haltung, die nicht nur die Persönlichkeit der Christen zunichte macht, sondern dazu neigt, die Taufgnade zu mindern und unterzubewerten, die der Heilige Geist in das Herz unseres Volkes eingegossen hat“.

Das ist ein eindeutiger Appell an alle Christen, in ihren Hirten keine „Obrigkeiten“ zu sehen, sondern geistliche Lehrer, die unter uns das Evangelium Jesu Christi verkünden – sonst nichts. Natürlich ist ihnen Respekt entgegenzubringen. Man soll ihnen aber keine Macht über andere Menschen zugestehen: das ist verführerisch. Für die einen, weil sie sich gerne ohne eigene Verantwortung führen lassen – für die anderen, weil sie die dargebotene Macht nur allzugerne annehmen und nicht im Sinne des Evangeliums einsetzen.

Der Papst lädt deswegen das gesamte Volk Gottes zum Gebet ein, denn es

„weckt unser Gewissen, unsere Solidarität und unseren Einsatz für eine Kultur des Schutzes und des „Nie wieder“ gegenüber jeder Art und jeder Form von Missbrauch.“


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