Impuls: Homo viator

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Homo viator

Fürs Wallfahren gibt es viele gute Gründe. Die Gemeinschaft auf dem Weg fällt mir da ein, genauso wie die schöne Kirche am Ziel oder natürlich ein persönliches Anliegen, das ich vor Gott bringen möchte. Einen außergewöhnlichen Grund hatten die Mönche, die von Irland und Schottland aus im frühen Mittelalter ganz Mitteleuropa missionierten.

Das Römische Reich war zerbrochen und damit auch die Staatsreligion dieses Reiches, das Christentum. Im äußersten Norden der britischen Insel und in Irland hatte sich derweil ein blühendes Christentum und Klosterwesen entwickelt. Da die Gebiete nicht im Reich lagen, hat das Christentum den Zusammenbruch überleben können. So brachen die Mönche von dort auf. Sie kamen über das Meer und wanderten oft allein oder in kleinen Gruppen durch den Kontinent.

Für ihre einsame Pilgerschaft hatten sie eine besondere Deutung. Sie wollten sich auf der Erde nicht zu sehr zu Hause fühlen. So wie Jesus zwar ganz Mensch war und trotzdem als Fremder auf der Erde lebte. „Füchse haben ihre Höhlen (…); der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ (Mt 8,20) Keinen Ort zu haben, unterwegs zu sein, war für diese frühen Missionare eine Art der Nachfolge. „Unsere Heimat ist im Himmel“, bringt es der Philipperbrief auf den Punkt.

Warum sich vor fünfzig Jahren Menschen aus Oberasbach zur ersten Gößweinsteinwallfahrt aufmachten, ist nicht festgehalten. Wahrscheinlich, weil es zu einer Pfarrei einfach dazu gehört. Genauso wie es zum Christsein einfach dazu gehört, eine zweite Heimat im Himmel zu haben. Homo viator – der Mensch als Wanderer. Diese irdische Heimat ist für Christen auch als Durchgangsstation zu verstehen, durch die wir zeitlebens der himmlischen Heimat entgegengehen.

Matthias Stepper

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