Impuls: Für wen halten die Leute mich?

„Für wen halten die Leute mich?“

So die Frage von Jesus an seine Jünger. Die Antworten sind breit gefächert: „Johannes der Täufer, Elia oder einer der Propheten.“ Petrus ist da anderer Meinung: „Du bist der Christus.“

Viel zu oft wird Jesus mit Christus gleichgesetzt, Christus ist dann lediglich der Nachname von Jesus. Der amerikanische Franziskanerpater Richard Rohr wirbt für eine Wiederentdeckung des universalen Christus. Für Rohr ist Jesus Christus eine Manifestation, eine Offenbarung Gottes. Jesus zeigt die Wirklichkeit Gottes in seiner konkreten Zeit, Christus dagegen ist die DNA Gottes, die sich in allen Dingen zeigt, die keimen und wachsen und in jedem Mensch und in allen Dingen zur Wirklichkeit werden will. Christus ist das Samenkorn Gottes, das in Jesus aufgegangen ist.

Christus ist für Richard Rohr eine Bezeichnung für den ursprünglichen Logos, das Wort, das laut Johannesprolog am Anfang war und aus dem alle Dinge entstanden sind. Wenn wir Christus so begreifen und nicht nur als Attribut für Jesus sehen, eröffnet sich die Möglichkeit der Versöhnung von Innen und Außen, von Materiellem und Spirituellem. Vielleicht brauchen wir eine neue Kosmologie, ein „Suchen Gottes in allen Dingen“ wie es Ignatius von Loyola formuliert hat, um in einem tiefer gehenden Blick die mystische Wahrheit in allen Religionen zu finden, jenseits der vielen Abgrenzungen. Und diese neue Weite wäre eine Möglichkeit, auch diejenigen wieder anzusprechen, die erkennen, „dass Geist und Materie sich gegenseitig durchdringen. Jene, die mehr auf Sehen als auf Gehorsam setzen, mehr auf Wachstum, Bewusstsein und Liebe als auf Expertentum, Moral, Schriften oder Rituale“. Richard Rohr

Urban Führes

Literaturhinweis:
Richard Rohr: Alles trägt den einen Namen, Gütersloher Verlagshaus 2019

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