Lichtblick
Von Trauer beseelt steht Maria von Magdala im Osterevangelium nach Johannes (Joh 20,11-18) am Grab Jesu. Sie weint, aber nicht nur vor Trauer um den Tod Jesu, sondern auch aus Verzweiflung, denn der Leichnam ist nicht mehr in der Grabkammer. Vor kurzem erst wurde sie ihres Meisters beraubt, den sie so lange begleitet hatte, und nun scheint man ihr sogar den Trauerort genommen zu haben.
Maria ist so in sich und ihrer Verzweiflung gefangen, dass sie sich nicht einmal über die zwei Engel wundert, die dort sitzen, wo Jesu Leichnam gelegen hatte. Auf die Frage der Engel, warum sie weint, ist sie nicht etwa erschrocken oder erstaunt, sondern nennt schlicht und ergreifend den Grund dafür. Gleich danach erkennt sie nicht einmal Jesus selbst, der nun bei ihr steht. Sie hält ihn für den Gärtner und fragt ihn, ob er Jesus weggebracht habe. Erst als Jesus sie deutlich bei ihrem Namen nennt, wird ihr klar, dass er es ist, und sie wird frei, den Jüngern die Osterbotschaft zu verkünden.
Die Trauer um einen geliebten Menschen kann uns völlig lähmen, sie kann uns blind machen für das Schöne, dass es in der Welt dennoch gibt. Manch eine(r) kapselt sich vor Trauer sogar völlig von der Außenwelt ab. Von außen betrachtet, ist es gut, dies zu akzeptieren, aber wir können uns auch bemühen, Trauernden Angebote zu machen, aus ihrer Versenkung herauszukommen. Wenn wir sie quasi beim Namen nennen, kann die Tür ihrer Seele ein Stückchen aufgehen und es fallen erste Oster-Lichtstrahlen hinein.
Tobias Herber
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.