Am vergangenen Montag (8.1.18) hat die Orgelbauwerkstatt Friedrich mit dem Abbau der Orgel begonnen.
Alle Pfeifen bis auf den Prospekt („Prinzipale“) sind nach Unterasbach in die Werkstatt gefahren worden. Auch die komplette Windanlage wurde entfernt, weil alle Windladen (also die hölzernen „Lungen“, die die klingenden Pfeifen mit Luft versorgen) neu mit Leder bezogen werden müssen.
In der Kirche stehen von der Orgel jetzt nur noch Außendwände, Windmaschine und die letzten Prinipale: die werden erst ganz am Schluss erneuert.
Der gesamte Aufwand wird etwa 10 Wochen benötigen: ab Mitte März wird die Orgel wieder neu bespielbar sein. Bis dahin behelfen wir uns mit dem Elektroteil aus der Marienkapelle.
Hier ein paar Bilder vom Orgelbauer Friedrich mit Kommentaren von Thomas Reuter: damit man mal sieht, was da im Bauch einer Orgel so versteckt ist.
Der Orgelbauer nimmt die Pfeifen des 2′-Prinzipal sorgfältig aus den Pfeifenstöcken.
Viel Arbeit für den Staubsauger. Sie hatten gleich zwei dabei.
Hier sind schon alle Pfeifen aus dem Schwellwerk draussen – jetzt geht es an die Pfeifenstöcke. Das sind die Lochbretter, in denen die Pfeifen stehen.
Orgelbauer sind sehr ordentliche Menschen: die nehmen’s genau. Vorne die „Pfeifenbretter“ (Transportlagerung) mit säuberlich gestapeltem 4′-Prinzipal
Ausgebaute Pfeifenstöcke
Hier werden die „Abstrakten“ abgeknipst, die von den Manualen zu den Ventilen unter den Pfeifen führen: wenn der Organist eine Taste drückt, ziehen diese aus Holz gefertigten Stäbchen unter der Pfeife ein Ventil auf. Dann singt die Pfeife ihren Ton.
Hier sieht man bei genauerem Hinsehen die Kernmechanik einer Orgel. (1) ist die Registerkanzelle: dort herrscht Winddruck, der theoretisch Pfeifen anspielen könnte, wenn er dürfte. Unter den Löchern (2) sind Ventile, die auf Tastendruck auf- und zugehen. In der breiten Fuge (3) läuft jeweils eine motorbetriebene „Schleife“: Wenn die Loch über Loch stehen, läßt sie Luft in die Pfeife durch. Wenn sie verschoben ist (man sieht diese Position an den Verschmutzungen (6) neben den Pfeifenlöchern), kann keine Luft durch und das Register bleibt stumm. Vorne (3) sind die Schleifen bereits ausgebaut, hinten (4) sind noch welche drin (rote Plastikstreifen). In diesem Bild sind die Pfeifen bereits alle abgebaut. Normalerweise stehen Sie in den Pfeifenstöcken, von denen hier im Bild nur noch der hinterste montiert ist (5).
Die „Schleifen“, die beim vorigen Bild ausgebaut worden sind.
Jetzt geht es im Hauptwerk an die 8’-Trompete. 8’ bedeutet: die längste Pfeife ist 8 Fuß hoch, also etwa 2,40 Meter lang. Eine 4’-Pfeife klingt doppelt so hoch wie ein 8’, also eine Oktave höher. Und ein 2’ noch eine höher.
Robert beginnt mit dem Abbau des Spieltischs. 1000 Einzelteile mindestens …
Das ist die Windlade unter einem Pfeifenwerk. Unten rechts der Anschluss des „Windrohrs“ vom Orgelmotor, der bläst Wind hinein. Die Lade sorgt dafür, dass stets genau gleicher Druck unter den Pfeifen ist. Das kriegt man mit dem Motor nicht hin, denn der muss ja sowohl die ganz großen als auch die winzig kleinen Pfeifen gleichzeitig versorgen.
Hier sieht man die Anschlussstutzen, die den Wind vom Motor in die Windlade transportieren. Darunter die regelmäßig angeordneten Wellenbretter: die braucht man, um die vom Organisten gedrückten Tastenhübe zu verlängern. Der Organist drückt die Taste ja nur ungefähr 1cm herunter – für das Öffnen und Schließen der Ventile werden aber u.U. mehrere Zentimeter (Baßpfeifen) oder wenige Millimeter (Diskantpfeifen) benötigt. Über die verschiedenen Hebellängen des Wellenbretts kann man das genau dosieren.
Kleinerer Luftstutzen für ein Register mit hohen Pfeifen: die brauchen bei Weitem nicht so viel Luftvolumen wie die großen Pedaltürme.
Großes Loch in der Lederdichtung der Windlade. Als das geplatzt ist, muss es einen ziemlichen Knall gegeben haben. Die Orgel war seit Advent sehr laut, sie zischte stark und der Motor hatte ordentlich zu tun, damit er dieses Leck in der Windlade ausgleichen konnte. Das schaffte er trotzdem nicht, deswegen jaulten die Pfeife auf dieser Lade so rum wie ein Hund, dem man aus Versehen auf den Schwanz getreten hat …
Andere Seite: ebenfalls stark porös und mit Wasserschaden.
Sauber verlegte Elektrokabel unter dem Hauptwerk. Diese Leitungen führen zu den Registerzugmotoren, die elektrisch betrieben sind. Diese Motoren öffnen unter den Pfeifenreihen Löcher („Schleifen“), so dass Luft in die Pfeifen strömen kann, wenn der Organist die entsprechende Taste drückt.
Wellenbrett für’s Pedal im Hauptwerk
Sehr gut organisiertes Durcheinander, würde ich sagen …
Stützrahmen für die Windladen unter dem Hauptwerk. Mitte links die Stutzen der „Luftpumpe“, die vom Orgelmotor kommt.
Alles abgebaut – bis auf Abstrakten und Wellenbretter
Was da so runterhängt sind die Anschlussstecker für die Registerzugmotoren des Hauptwerks. Jedes Register hat einen eigenen Schleifenzugmotor.
Das untere Manual, mit dem der Organist das Hauptwerk spielt, ist komplett herausgenommen. Die Tasten sind mittig gelagert, so dass sie vorne einen genau definierten Hub haben. Hinten sitzen genau berechnete Gewichte dran, damit die Taste wieder hochkommt, wenn der Organist sie loslässt.
Zwischenlager mit 8-Fuß-Trompete, Rasterbrettern (die die Orgelpfeifen gerade halten), Rahmenteilen, Schwellwerkstüren (Plexiglas, hinten mittig) und dem unteren Manual auf der Orgelbank.
Der in Auflösung befindliche Spieltisch, rechts nur noch eine Oktave der oberen Tasten. Unten mittig hängen die Kombinationstaster heraus – sie erinnern ein wenig an die heraushängenden Augen des vorwitzigen Kindes in der Lorenzkirche, die der zufällig in der Näher weilende Heilige Deocarus aber Gottseidank nebenwirkungsfrei wieder einsetzen konnte.
Bild aus der Lorenzkirche.
Arg verdreckt ist noch geschönt …
Der rote Taster war mal „Alles aus“. Den wird es in der neuen Orgel nicht mehr geben: unter dem unteren Manual werden sich dann die Bedienknöpfe der Setzeranlage befinden.
Wie kompliziert die Mechanik hinter den Orgelmanualen ist, ahnt man wirklich nicht. Nicht mal als Organist.
Hier kommt der Saft an: das rechte Kabel bringt den Strom in de Orgel. Die beiden Schalter auf der Frontseite der Orgel schalteten den Motor ein und aus. Die neue Orgel wird dazu nur noch einen Schalter benötigen.
Was das wohl wieder ist … ich nehme an, es ist der Gleichrichter. An der Orgel kommt Wechselstrom an, die Registerzugmotoren brauchen Gleichstrom. Also dann …
Das alter „Orgeltableau“. Ganz links die Startanzeige – wenn der Mesner in der Sakristei einen Knopf drückte, leuchtete diese Lampe, daher wusste der Organist: jetzt geht’s los. Heute brauchen wir das nicht mehr, denn rechtzeitig vor der Orgelrenovierung wurde ein Sakristeigeläut angeschafft. Jetzt merkt es die Gemeinde gleichzeitig mit dem Organisten, wann es losgeht.
Jetzt sind wir in der Orgelwerkstatt. Im Vordergrund ein Reinigungsbad für lange nicht gewaschene (Orgelpfeifen).
Unsere Orgel liegt in Einzelteilen säuberlich verpackt in der Werkstatt des Orgelbauers Friedrich.
Regale („Pfeifenbretter“) mit unseren Pfeifen in der Werkstatt.
Eine „Registerkanzelle“, hier zu Reinigungszwecken umgedreht. unter den Langlöchern sitzen Ventile. Wenn man die aufzieht, strömt der Wind aus diesem Luftreservoir in die Pfeifen. Auf der linken Seite sind normalerweise luftdicht Bretter angebracht, die der Orgelbauer abschrauben kann. Denn er muss an unter Umständen an die Ventile kommen können, ohne die ganze Orgel auseinanderzubauen.
Oben ein Brett mit den rechteckigen Ventilen, die in der Registerkanzelle (voriges Bild) die Langlöcher abdichten. Sie werden vom Organisten nach unten gezogen, dann kann Luft in die darüber stehende Pfeife. Damit diese Ventile schnell, sauber und möglichst betätigt werden können, hat sich im Laufe der Jahrhundert eine äußert diffizile Technik entwickelt, die diese hölzernen Bauteile präzise, temperatur- und Feuchtigkeitsunempflindlich und jahrzehntelang in Betrieb halten.
Der größte Teil der Renovierung spielt sich in der Werkstatt ab.
Robert Schmidt justiert die Führungsstifte für die Tonventile auf der Registerkanzelle.
Die „Dichtbretter“ für die Registerkanzelle, die man zu Wartungszwecken abnehmen kann. Sie sind mit neuem Dichtleder bezogen.
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