Nachricht für Dich: Tempelreinigung
Liebe Kinder,
habt ihr es einmal probiert mit der Fastenzeit? Habt ihr durchgehalten? Ist das nicht ein tolles Gefühl, wenn man seinen inneren „Schweinehund“ überwunden hat? Macht es einen nicht stolz, wenn man es geschafft hat, auf etwas zu verzichten, das scheinbar lebensnotwendig war?
Am Sonntag ist der dritte Fastensonntag. Im Sonntagsevangelium (Joh 2,13-25) geht es da um die sogenannte Tempelreinigung. Leider habe ich dafür keine Übersetzung für Kinder gefunden. Meine Kinderbibel orientiert sich am Markusevangelium:
Jesus verjagt die Tempelhändler
Die drei Vorhöfe des Tempels waren durch Mauern und Tore voneinander getrennt. Im äußersten Hof konnten die Tempelbesucher ihr Geld in Tempelmünzen tauschen. Tempelmünzen galten als heiliges Geld. Nur sie durften in die Opferstöcke (Spendenboxen) gelegt werden. Im äußersten Hof verkauften Händler Tauben, Schafe, Ziegen und andere Tiere, die man dem Priester zum Opfer bringen konnte.
Am nächsten Tag ging Jesus wieder in den Tempel. Als er die Geldwechsler und die Tierverkäufer sah, wurde er zornig. Er stieß die Tische, auf denen sich das Geld häufte, und die Stände der Taubenverkäufer um, so dass das Geld durch den Staub rollte und die Tauben herumflatterten. Jesus rief: „Gott hat gesagt: Mein Tempel soll ein Ort sein, an dem die Menschen beten. Ihr aber habt aus dem Bethaus ein Kaufhaus gemacht!“
Einige Priester waren empört über Jesus. Unter ihnen befanden sich besonders die Priester, die einen hohen Rang einnahmen, und der höchste der Priester, den man den Hohen Priester nannte. Sie dachten: „Jesus verdirbt uns das Geschäft! Wenn niemand mehr Geld wechselt und niemand mehr Opfertiere kauft – wozu sind wir dann noch da?“ Am liebsten hätten sie Jesus getötet. Aber sie hatten vor den vielen Leuten Angst, die um Jesus waren. So konnte Jesus mit seinen Jüngern am Abend wieder nach Betanien zurückkehren, ohne dass ihm jemand etwas angetan hätte. Aber die Priester berieten, wie sie Jesus an einem einsamen Ort ergreifen könnten.
Aus: Werner Laubi, Annegert Fuchshuber: Kaufmann Kinderbibel
Jesus hat sich geärgert über die Leute, die da Geld gewechselt und Opfertiere verkauft haben. Vor allem, weil sie den Menschen, die sowieso schon arm waren, viel zu viel Geld dafür abgenommen, sie ausgenutzt haben. Dieses Geschäftemachen auf Kosten anderer passt nicht in das Haus Gottes. Man darf die Armen nicht aus den Augen verlieren!
Im Johannes-Evangelium verlangen die Juden von Jesus ein Zeichen dafür, dass er den Tempel reinigen, die Verkäufer und Händler hinauswerfen darf. Er sagt zu ihnen, dass sie den Tempel niederreißen sollen, er werde ihn in drei Tagen wieder aufbauen. Das klingt jetzt aber wirklich eigenartig. Wie soll das denn gehen? Viele Jahre hat es gedauert den Tempel aufzubauen, wie will Jesus ihn in nur drei Tagen wieder aufbauen? Jesus geht es aber gar nicht um dieses Gebäude aus Stein, sondern um sich selbst. Jesus ist der neue Tempel. Er meint damit, dass Gott bei uns ist durch ihn, dass wir Gott bei Jesus nahe sein können, ihn spüren können. Wenn er davon spricht, den Tempel in drei Tagen wieder aufbauen zu wollen, dann ist das vom Evangelisten Johannes bereits eine Anspielung auf Jesu Auferstehung – vielleicht erinnert ihr euch. Jesus stirbt am Kreuz, wird in ein Grab gelegt und am dritten Tag feiern wir seine Auferstehung, da wird es Ostern.
Dazu müsst ihr wissen, dass die Evangelien nicht wie eine Tageszeitung am Tag nach Jesu Auferstehung entstanden. Nein, es dauerte viele Jahre, Jahrzehnte, bis Markus, Matthäus, Lukas und Johannes sammelten und aufschrieben, was ihnen die Menschen und andere Texte von Jesus erzählten. Johannes war von den Vieren der letzte. Er schrieb sein Evangelium erst etwa 100 n. Chr., also ca. 70 Jahre nach Jesu Auferstehung. Wenn Johannes schreibt, dann versucht er schon ganz viel von seinem Glauben und dem, was für seine Gemeinde, für die er dieses Evangelium aufschrieb, wichtig war. Er wollte mit diesem Text also nicht nur sagen, dass Jesus den Tempel geräumt hat, damit die Menschen endlich auch einen Blick für die Armut von so vielen hatten, sie nicht ausbeuteten und sich stattdessen gerecht verhielten. Das natürlich auch. Aber er geht schon einen Schritt weiter, eben mit diesem Wort von Jesus, als dem lebendigen Tempel, dem Ort, an dem Gottesbegegnung möglich wird, Jesus als Mensch, in dem wir Gott begegnen und mit ihm sprechen, beten können. Dieser Jesus wird sterben und nach drei Tagen wieder auferstehen. Ganz schön viel, was Johannes da hineinpackt, oder?
Auf den Bildern seht ihr übrigens auf der ersten Seite ein Modell vom Tempel, wie er zur Zeit Jesu ausgesehen hat und das Bild auf dieser Seite ist ein Foto von Menschen an der Klagemauer in Jerusalem. Die Klagemauer ist die einzige Mauer, die vom ursprünglichen Tempel heute noch steht. Menschen kommen dorthin, um zu beten und ihre Bitten auf kleinen Zetteln in die Spalten zwischen den Steinen zu stecken. Gläubige Juden haben soviel Ehrfurcht vor diesem Ort, als einem Platz der Gottesbegegnung, dass sie der Mauer nicht den Rücken zuwenden, sondern einige Schritte rückwärts machen und sich erst dann umdrehen.
Möchtet ihr es auch einmal ausprobieren? Baut zu Hause eine eigene Klagemauer (Legos, Holzbausteine, Schuhkartons, Steine aus der Natur, …) – eurer Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt (außer die, die eure Eltern aufstellen!). Ladet eure Familie dazu ein, Bitten, Dank, alles, was sie beschäftigt, einen Brief an Gott auf kleine Zettel zu schreiben. Jeder darf seinen Zettel in die Familien-Klagemauer stecken.
Liebe Grüße von
Alexandra Wieland
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